Rede zur Hochzeit von Prof. Jürgen Erbach und Kristof Heil am 15. August 2008.
Was soll man sagen, eigentlich ist dieses außergewöhnliche, für Wetzlar fast ein wenig hochexotische Gespann, ein schwules Pärchen, jetzt also Ehepaar, mit zwei weißen Modehündchen, Max und Moritz, wertvollen Uhren und Schmuck eine Einheit, die nicht so ohne weiteres in ihre Einzelteile zerlegt werden kann:
Alles greift ineinander, passt, sitzt, selbst die Auseinandersetzungen, die kleinen Zänkereien, Sticheleien, das was scheinbar nicht passt, das ist alles aufeinander eingespielt, in zwei Jahrzehnten zusammengeschmolzen zu einem großen spannenden Ganzen.
20 Jahre.
Und die beiden drolligen Hündchen passen dabei rein wie die Faust aufs Auge. Die teuren Autos und der etwas lässige Lebensstil in der Wohnung, die Büros, die beim Eintreten erst in der Tiefe des Raumes ihren repräsentativen Eindruck vermitteln, an dem ja schließlich auch gearbeitet wurde –
das alles zusammen bildet, zusammen mit den sehr menschlichen Zügen der beiden Protagonisten, ihrem Charme, ihrer Fürsorge anderen gegenüber, gerade auch dann, wenn sie nicht unbedingt auf akademischer, monetärer, gesellschaftlicher Augenhöhe stehen
ein harmonisches Miteinander, das, wie der Optikparcours, strahlt, schillert, lebendig gurrt und sprudelt.
Einen Augenblick Rast? Ja den gönnen sich beide, Kristof und Jürgen natürlich auch – im Privaten. Öffentlich sind beide immer auf Zack, in ständiger Bewegung, ruhelos, manchmal sogar am Rennen.
Am Reden. Am Machen und am Tun.
Sie bewegen sich in den höchsten Kreisen genauso selbstverständlich wie sie den Umgang mit dem Personal von Ebene 3 und Sonnendeck oder dem Hausmeister pflegen.
Sie kommen zu Recht mit Künstlern, Studenten und Outsidern genauso wie mit Unternehmern, Ministern, Staatsbeamten, Bankern und Geschäftsleuten. Sogar mit Journalisten.
Sie bringen Menschen zusammen. Menschen, die vielleicht gar nicht zusammen gehören wollen und doch hingezogen werden zum gemeinsamen Chillen mit freiem Blick zum Wahrzeichen, dem Dom oder eben an einem Strang ziehen wie beim Bürgerprojekt Optikparcours.
Zwei Zusammenbringer.
Woher diese ungebremste Dynamik? Wie schaffen sie es, diesen Elan aufzubringen? Vielleicht ziehen sie ihre Kräfte aus einer unausgesprochenen Konkurrenz, einem für Außenstehende nicht nachvollziehbaren Wettstreit. Anzug gegen Lederjacke. Der eine auf der ganz glanzvollen Bühne der Society, der andere auf dem Humus der Gesellschaft, dem Partyvolk, bei den Vergnügungssüchtigen, dem Untergrund.
Nachtleben bis in die frühen Morgenstunden.
Aber auch hier Ambitionen: ein stilvolles Ambiente in einer Stadt, die so etwas noch nicht gesehen hat.
Also, da wirken doch in diesem Konglomerat zweier Persönlichkeiten innere Fliehkräfte, die alles immer wieder in Bewegung bringen und vorantreiben. Für Überraschung ist jedenfalls immer gesorgt. Ist das eine Projekt gerade mal halbfertig, spukt den beiden schon das nächste im Kopf rum.
Dann werden schon wieder Weichen gestellt, die nächsten Türen eingerannt.
Was soll bloß aus Wetzlar noch werden? fragen die einen voller Bange.
Die Kreativen, Aufgeschlossenen, Weltzugewandten aber voller Hoffnung, Tatendrang und Neugierde, denn jeder ist ja eingeladen, mitzumachen, selbst Ideen einzubringen.
Möglichkeiten ohne Ende.
Sogar Geld ist plötzlich da, wo vorher keins war, wenn wieder was gebraucht wird, kein Problem, dem Jürgen fällt bestimmt was ein.
Zum Beispiel: „Bürgerzertifikate“
Da ist aber natürlich noch was ganz anderes am Werk, was bei dieser ganzen Umtriebigkeit leicht übersehen wird: Die innere Verbundenheit von Kristof und Jürgen. Ihre gegenseitige Wertschätzung und Achtung voreinander.
Sie müssen sich wohl sehr lieben.
Das wollen sie mit dieser Hochzeit uns allen heute verkünden.
Was die beiden verbindet? Wer will das sagen? Ein Geheimnis? Soviel ist sicher: Gemeinsam gelingt es ihnen, ihre – wie die immer noch anhaltenden Diskussionen um ihre Segnung im Dom zeigen – nach wie vor problematische – Homosexualität auch nach außen selbstbewusst zu leben und voller Freude mit anderen zu feiern, was weiß Gott nicht gerade selbstverständlich ist – aber doch sein sollte.
Dieser Zusammenhalt verleiht ihnen jene Kraft, die auf andere ausstrahlt, die Menschen motiviert und anspornt. Nicht stehen bleiben, sondern was tun. Nicht klagen, aber kritisch sein und handeln, da kann man schon noch was lernen.
In diesem Sinne lassen Sie uns das heutige Ereignis feiern in der Gewissheit, dass Kristof und Jürgen ihre positive Ausstrahlung behalten werden und wir alle sie mit unserer Anteilnahme an ihrem Glück und unserem Interesse an ihren Aktivitäten auch weiterhin begleiten, bestärken und unterstützen werden.
Stoßen wir mit Kristof und Jürgen an,
Zwei total Verrückte!
Ja, wer zu seiner Verrücktheit steht,
kann einiges verrücken.